Ohne Weiteres wäre Caspar David Friedrich im Spätsommer 1801 in Breesen in der Lage, sich in die Figur des Werthers
hineinzuversetzen: Ein junger Mann, noch ohne festen Lebensplan, entflieht dem
Stadtleben und kommt in ein idyllisches Dorf. Er genießt die Natur, streift
umher und zeichnet, was ihm festhaltenswert erscheint. Sein vages Lebensziel
ist, einmal Künstler zu werden. Er trifft auf eine junge Frau (namens Lotte),
die allerdings schon vergeben ist ... Die Lotte in Goethes Briefroman könnte
Friedrich in einer Schlüsselszene an seine Schwester Catharina erinnert haben.
Der junge Werther sieht Lotte zum ersten Mal von ihren acht jüngeren
Geschwistern umringt, denen sie zum Abendbrot von einem Brotlaib Stück für
Stück abschneidet. Er ist tief beeindruckt von dieser Szene, in deren
Mittelpunkt ein schönes Mädchen steht, das eine Mutterrolle übernommen hat.
Friedrich würde in dieser Lotte ein Frauenbild wiederfinden, das seine
Schwester Catharina bei ihm geprägt hat. Für welchen literarischen Stoff soll
sich der junge Maler am Ende des 18. Jahrhunderts interessiert haben, wenn
nicht für diesen? Also, wer könnte auf jenen Zeichnungen aus diesem Sommer Friedrichs Lotte gewesen
sein?
Mehr dazu im Kapitel I. Heimat, Familie, Frauenbild http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book
Caspar David Friedrich: Zwei Mädchen vor einem Felsblock. 7. Oktober
1801, Feder und Pinsel, 18,5 x 11,9 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett
Caspar David Friedrich: Studie einer sitzenden Frau vor Gebüsch. 5.
Oktober 1801, Feder, laviert, 18,6 x 12 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett
Caspar David Friedrich: Studie einer lesenden Frau. 6. Oktober 1801,
Feder laviert, 18,6 x 11,9 cm, Dresden, Kupferstichkabinett
Caspar David Friedrich: Freundinnen unter einem Baum.6. Oktober 1801,
Feder und Pinsel, laviert, 18,6 x 11,9 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett
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