Donnerstag, 5. Juni 2014

Caspar David Friedrichs patriotische Archäologie

Mit der Darstellung von Hünengräbern reagierte Caspar David Friedrich auf den unglaublichen Hype, den der Herzog Carl II. in Mecklenburg-Strelitz veranstaltete. Die, wie sich letztlich herausstellte, gefälschten Prillwitzer Idole, machten das kleine Herzogtum in ganz Europa bekannt und zum Pilgerort archäologisch interessierter Adliger und Wissenschaftler. Auch Goethe, der die Bilder mit Friedrichs Hünengräber für die Sammlung des Weimarer Herzogs ankaufte, interessierte sich brennend für die seltsamen Artefakte, die in der Gegend um Prillwitz in scheinbar unerschöpflicher Menge ans Tageslicht befördert wurden. Herzog Carl versuchte als Bruder der englischen Königin mittels Archäologie seinen Stammbaum aufzuwerten und ließ eine Genealogie anfertigen, die bis in die Zeit der Vandalen zurück reichen sollte. Auf dem Höhepunkt der patriotischen Archäologie in Meckenburg Strelitz fertigte Friedrich 1807 seine ersten kommentierenden Arbeiten Hünengrab am Meer und Hünengrab im Schnee. Als sich etwa 1815 führende Altertumswissenschaftler einig waren, dass die Artefakte von Prillwitz Fälschungen sind, und das Herzogtum in ganz Europa als das Land der Deppen galt, begann Friedrich das Wutbild Hünengrab im Herbst mit abschlagenen stolzen Eichen. Die Hünengrab-Bilder sind typischerweise Kompilationen, dass heißt zusammengesetzte Reallandschaften. Allerdings verweist das Hünengrab im Schnee auf eine auffindbare Topografie, das Königsgrab auf dem Berg in Wustrow am Tollensesee. Solche Eichen wie auf dem Neubrandenburger Wall findet man da nicht, sondern verkrüppelte Windflüchter, aber auch die sind nicht 200 Jahre alt. Eine Überraschung gibt es auf dem Hügel doch. Von den Eichen aus Friedrichs-Zeiten sind unter Laub und Moos noch die drei Baumstümpfe in jener Konstellation der Friedrich-Bilder vorhanden. So kommt man mittels Archäologie in der Kunstgeschichte weiter. Mehr darüber im P-Book-Kapitel Die Bäume der Ahnen  http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book


Caspar David Friedrich: Hünengrab am Meer. 1807, Bleistift, Sepia, 64,5 x 95 cm, Weimar, Staatliche Kunstsammlungen

Caspar David Friedrich: Hünengrab im Schnee. 1807, Öl auf Leinwand, 61,5 x 80 cm, Dresden Gemäldegalerie Neue Meister

Caspar David Friedrich: Hünengrab im Herbst. Um 1819, Öl auf Leinwand, 55 x 71 cm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Galerie Neue Meister


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen